Galerie Boehler
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Gemeinschaftsausstellung Galerie Böhler und Museum Bensheim:

Rede zur Eröffnung der Ausstellung
Eberhard Schlotter

»Zum 90. Geburtstag«

Aquarelle - Radierungen - Zyklen - Bibliophiles

Pressemeldung zur Ausstellung Eberhard Schlotter
Plakat zur Ausstellung
Der Künstler Eberhard Schlotter

Kunstkritiker Dr. Roland Held zu Eberhard Schlotter, 20. März 2011

Bücher über Völkerpsychologie haben heutzutage, weil als wissenschaftlich halbseiden erachtet, keine Konjunktur mehr. Eines, das ich Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dennoch ans Herz legen kann, ist Salvador de Madariagas „Porträt Europas“. Getragen von universaler Bildung, wie man ihr nur selten begegnet, doch in sehr lesbaren Sätzen setzt der Autor die in seinen Augen wichtigsten abendländischen Kulturnationen in wechselseitige Kontraste, darunter auch Spanien und Deutschland. Er zeichnet nach, wie sich die Wege beider Länder im Lauf der Geschichte zwar mehrmals aufs engste kreuzten, vom Reich der Westgoten bis zu dem des Habsburger-Kaisers Karl V. Und wie trotzdem Nationen mit gänzlich gegensätzlichem Charakter herauskamen: grüblerisch, alles durchplanend die Deutschen, dabei zu einer gewissen Untertanenmentalität neigend, aufbrausend, eher spontan und organisationsscheu die Spanier, geboren für anarchische Rebellion. Madariaga findet Elementar-Metaphern dafür: in die Tiefe sickernd, daher dem Wasser verwandt das Deutsche, in die Höhe züngelnd, daher dem Feuer verwandt das Spanische. Ausführlich jedoch behandelt er eine kleine Gruppe literarischer Figuren, in denen sich die jeweiligen Volkspsychologien ideal verkörpern. Hauptsächlich eigentlich vier Figuren: Shakespeares Hamlet, Tirso de Molinas Don Juan, Cervantes’ Don Quijote und Goethes Faust. Man verzeihe ihm, dem stolzen Spanier, daß gleich zwei davon der eigenen Nationalliteratur entstammen.

Was treibt mich dazu, an den Anfang meiner Eröffnungsrede über Werk und Person des Malers, Zeichners und Radierers Eberhard Schlotter das Kurzreferat über ein Buch zu stellen, das, kurz nach 1950 erstmals in deutscher Sprache erschienen und zehn Jahre darauf in einer Taschenbuchausgabe, längst vergriffen sein dürfte? Es sei denn, man wen-det sich vertrauensvoll an die Buchhandlung Böhler, die ja neben taufrischem Lesestoff immer wieder auch Antiquarisches anzubieten hat. Sie ahnen es – meine Sätze zielen auf die doppelte Identität des Künstlers, zwischen dessen Werken wir uns heute befinden. Im Sommer 1954 war es, daß der Maler Eberhard Schlotter und der Journalist Georg Hensel, begleitet von ihren Ehefrauen, nach Süden aufbrachen, im Sinn Andalusien als Endstation, um, mit intuitiver Treffsicherheit, dann doch kurz vorher hängen zubleiben im Städtchen Altea in der Provinz Alicante, nach genau 3582 Kilometern wohl wissend, daß ihre Reise an kein besseres Ziel mehr führen konnte. Für die Schlotters wurde Altea bald zur zweiten Heimat, und seine Umgebung namentlich für Eberhard Schlotter zu einer bildmotivischen Silbermine, die trotz emsiger Ausbeutung bis heute noch nicht erschöpft ist. Biographisch durchgängig haben wir es hier mit einem Künstler zu tun, der sich von der Welt um ihn herum, vom wiedererkennbaren Gegenstand anregen läßt. Das mag ganz selbstverständlich klingen, sozusagen optional: jedem nach seinem Belieben! Das war es aber gerade im Deutschland der fünfziger Jahre nicht. Herrschte damals doch ein heute kaum noch vorstellbarer Konformitätsdruck, fast schon ein Diktat, das allein die ungegenständliche Kunst als auf der Höhe der Zeit gelten ließ und jede Auseinandersetzung mit der sichtbaren Wirklichkeit als heillos überholt diffamierte, wenn nicht heimlich auf der Linie entweder des Sozialistischen Realismus oder des Nazi-Kunst-Spießertums. Freiheit der Kunst schien identisch mit Freiheit vom Gegenstand, gerade bei den führenden Ausstellungsmachern und Meinungsmultiplikatoren. Eberhard Schlotter dagegen hielt es eher mit dem französischen Maler Henri Goetz, der protestierte: „Mit der nonfigurativen Malerei verliert man durch das Fehlen des Gegenstands ebensoviel, wie man an Freiheit gewinnt.“ Kurz: für Schlotter wurde die Situation in Deutschland unerträglich. Mit der Konsequenz, dass er und seine Frau Dorothea ab 1960 Altea für lange Zeit zur ersten Heimat machten und dabei Wirtschaftswunder-Deutschland eintauschten gegen eine ökonomisch und technologisch rückständige Mittelmeerregion, aber auch, wie er selber einmal sagte, Autos und Asphalt gegen Feldwege und Eselskarren, Kühle gegen Wärme, Nieselregen, Nebel und Abgase gegen Meeresbrise und Licht.

All das liegt doch mittlerweile mehr als ein halbes Jahrhundert zurück, sollte man denken. Doch unserem Künstler ist bewusst, wie ihn diese Situation geprägt hat bis heute. Diese Situation sowie sein Eigensinn, der ihm Ärger eintrug, ihn aber auch unverwechselbar machte. Da ist etwas Deutsch-Gründliches in seinem Wesen, ebenso wie etwas Spanisch-Rebellisches. Originalton Eberhard Schlotter: „Ich bin in meiner Arbeit immer nur meinen Eingebungen oder, wenn Sie so wollen, einem ganz subjektiven Lustprinzip des Machens gefolgt. Nichts gegen abstrakte Malerei, ich habe [nur] etwas gegen Dogmen.“ Die nahezu sechzig Jahre überspannenden Werke, die sie hier im Museum Bensheim und drüben im Galerieraum der Buchhandlung sehen können, sind anschaulicher Beleg dieser undogmatischen Grundhaltung. Besser ist es, von Werkgruppen zu reden als summarisch von Werken. Ausgeführt zumal in einer Vielfalt von Techniken: hier die Spontaneität der zeichnerischen Gelegenheitsskizze oder des aus Farbflecken und -streifen aufgeblühten Aquarells, dort das Planvolle, über sukzessive Vorgänge und Zustände Gewachsene der Radierungen. Auf je unterschiedliche Weise jedoch sind sie alle durchzogen von der Spannung zwischen Sinnlichkeit und Geistigkeit, zwischen inhaltlichem Anstoß und bildnerischer Umsetzung. Letztlich zudem zwischen Verwurzelung in der kunsthistorischen Tradition und Anwen-dung mancher jener Gestaltungsweisen, die wir mit der Moderne, auch der ungegenständlichen Moderne verbinden. Man überprüfe das doch an den Aquarellen. Auf vielen von ihnen, so überhaupt eine Vorzeichnung erkennbar ist, treten die Farben mit großer Eigenmacht auf, halten sie sich nicht an Linienbegrenzungen, sondern atmen und pulsieren gleichsam autonom, verpflichtet weniger der Sache, die sie bezeichnen, als vielmehr dem koloristischen Kontrast und Zusammenklang. Natürlich hatte Schlotter in den fünfziger, sechziger Jahren ein offenes Auge für das, was die Kollegen von der abstrakten Fraktion trieben. Doch statt das Gesehene sklavisch zu übernehmen, hat er es sich weise und selektiv anverwandelt. Gleiches gilt für den – in unserer Auswahl auf die Druckgraphik beschränkten – Zug ins Phantastische, ins Surreale. Nie wurde aus Eberhard Schlotter, auch wenn er in den sechziger Jahren viel Freud gelesen hat und stets mit „es“ signiert, ein Anhänger der surrealistischen Doktrin vom Primat des Unterbewußten und vom automatschen Zustandekommen von Kunst. Mag man ihn um 1970, durchaus anerkennend, als Surrealisten, als Neo-Manieristen, als Mythomanen der Erotik eingestuft haben – er hat sich deswegen keinem fremden Programm unterworfen. Wo er die ominösen Schatten eines de Chirico, das Puppenmotiv eines Hans Bellmer, die Zufallsstrukturen eines Max Ernst aufgreift, macht er etwas Eigenes, ja etwas Notwendiges daraus. In einem Brief, den Schlotter mir einmal geschrieben hat, zitiert er Schopenhauer: „Alles was du bist, ist von Anfang an in dir festgelegt.“

Das Surreale ist bereits feiner dosiert im Farbradierzyklus „Nocturnos“ von 1981, den wir hier komplett hängen haben. Die spanischen Szenerien mit dem Schlotter-typischen naht-losen Übergang von Stilleben und Landschaft, verkörpert in Fisch und Flasche, Bergkette und Sichelmond, sind entstanden nicht in Reaktion auf Gedichte Karl Krolows, sondern – und darauf ist ihr Urheber stolz, weil die Abfolge meist umgekehrt ist – der Schriftsteller ließ sich inspirieren vom Bildenden Künstler. Ein Blatt beschäftigt mich besonders: vor einer Reihe Olivenbäume überrascht uns eine große Kugel, durchsichtig, offenbar aus Glas gegossen. In ihr, mit den prismatischen Verzerrungen, die wir aus seinen „surrealen“ Werken um 1970 noch gut kennen, hat Eberhard Schlotter sich selber bei der Arbeit konterfeit, den Pinsel zur Leinwand erhoben. „Drinnen und Draußen“ hat er das Blatt betitelt. Wie wir es deuten, hängt davon ab, in welchem Zustand wir uns die Kugel denken. Ist sie statisch, wird daraus leicht eine Allegorie auf den Künstler in seiner selbstgewählten Einsamkeit, sozusagen „the artist in splendid isolation“, von der Welt durch die gläserne Hülle getrennt, vermutlich die Welt selber bloß mit den entsprechenden Verzerrungen wahrnehmend. Ein Hieronymus im Gehäus. Ist die Kugel jedoch dynamisch, am Rollen, jederzeit bereit, vom einen Schauplatz zum nächsten zu wechseln, dann ist sie ihm gleichzeitig Schutz und Vehikel, um mit der Wirklichkeit draußen immer wieder neu in Kontakt zu treten. In Kenntnis wenn auch eines Teils nur des riesigen Oeuvres von Eberhard Schlotter ziehe ich letztere Deutung vor. Er scheint das zu bestätigen mit einer Aussage wie: „Ich habe keine Spielecke, d.h. keine Sucht nach kleinkarierter Originalität, sondern die Welt ist mein Feld, und was sich zum Abbilden eignet, entscheide ich. Da gibt es keine Tabus.“

Mit Tabu meint er ausdrücklich auch die Nacktheit des menschlichen Körpers. Inklusive die Variationen des körperlicher Liebesakts, die von erstem zärtlichem Getändel bis zu heftiger Penetration reichen, von Frauenliebe, Selbstliebe, Knabenliebe bis zu, na ja, nennen wir’s mal „Tierliebe“ und denken uns nichts Böses dabei. Die Rede ist von den 16 Farbradierungen zu Lucians Hetärengesprächen, für die Schlotter auf einschlägige Vorbilder aus der griechischen Vasenmalerei zurückgreift. Er hat sie in feinfließende Lineaturen übertragen und in Farbflächen, so gedämpft und zart und reich an Erdtönen, dass allein darin schon ein Anflug von Antike sich geltend macht. Womit wir endgültig angelangt wären bei Eberhard Schlotter dem vielseitigen Illustrator. Der seinerseits nicht möglich wäre ohne Eberhard Schlotter den vielseitig belesenen Menschen, der ja selber einen geschliffenen Stil zu schreiben versteht. Hier im Museum gibt uns Buchhändler-Galerist Böhler ein paar Kostproben aus diesem Schaffensbereich unseres Künstlers zu schmecken; drüben in seinem Domizil werden wir unsere Augen dann sättigen dürfen an diversen Publikationen: federleichten Einblattdrucken in Fadenbindung begegnet man da ebenso wie schweren Folianten, halb in Leinen, halb in Pergament, dazu mit Schuber; ausgebreitet sind bibliophile Bücher, wo jedes Detail so geschmackvoll aufs andere abgestimmt ist, dass es eine Todsünde wäre, einen Druck herauszutrennen, ebenso wie Mappen, aus denen sehr wohl Einzelblätter angeboten werden. Und wir werden lernen, dass die Reihe von Autoren der Weltliteratur, mit denen Schlotter in Dialog getreten ist, von Sappho und Pindar bis zu Ludwig Tieck und Theodor Storm reicht. Frappiert stellen wir fest, dass unter den behandelten Figuren nicht weniger als drei der vier von Salvador de Madariaga dem Kernbestand der europäischen Literatur zugerechneten sich finden: der Don Quijote, der Don Juan, der Faust. Als stecke eine stillschweigende Verabredung, ein geheimes Programm dahinter...

Den Namen des für Schlotter wichtigsten Autors habe ich noch nicht einmal genannt. Es ist, wie viele von Ihnen sicher wissen, Arno Schmidt, dem Schlotter in jahrzehntelanger Freundschaft verbunden war. Zum Radierzyklus „Schwarze Spiegel“, ausgestellt in der Galerie, gehört ein Porträt des 1979 verstorbenen Schriftstellers, das einem schier den Atem abdrückt. Es zeigt ihn, kenntlich an dunkler Hornbrille, vierschrötigem Schädel und sparsam von Lichtflecken umspielter, gewölbter Stirn, frontal dem Betrachter zugewandt, doch von ihm getrennt durch ein Gitter wie von ondulierendem Seetang. Ein Porträt, zu-sammen geronnen aus unterschiedlichen Stufen von Schwarz, vom finstersten Meeresgrund, aus Antimaterie, aus der Gegenwelt – was auch stimmt, ist es doch entstanden fünf Jahre nach Schmidts Tod. Ein Porträt, das, um es einmal norddeutsch auszudrücken, etwas Spökenkiekerisches hat. Doch fügt es sich gut ins Werk Eberhard Schlotters, der, wie echt immer sein Dinginteresse ist, das Abbild des Dings dann doch verwendet, um damit hinzuleiten auf das Hintergründige, Doppeldeutige der Wirklichkeit. Wie lautete noch mal der Hinweis, den Arno Schmidt dem sieben Jahre jüngeren Freund gab: „Die ‚wirkliche Welt’?: ist ‚in Wahrheit’ nur die Karikatur unsrer Großen Romane.“

Ich vermute, unser Künstler hat aus dem Hinweis eine Art Umkehrschluss gezogen und sich von da an jede ihm angebracht scheinende Freiheit herausgenommen, wenn es um die Bebilderung eben dieser großen Romane ging. Er hat, seinen seelisch-geistigen Assoziationen gehorchend, Elemente aus gänzlich heterogenen Reichen collagehaft verquickt; er hat wie ein Zeitspringer Szenen aus unterschiedlichen Epochen übereinandergelegt in der Art einer Foto-Doppelbelichtung; er hat Bildmaterial aus der Kunst- und Kulturgeschichte gepaart mit den Ausgeburten der eigenen Phantasie. Ein Musterbeispiel für die daraus resultierende souveräne Kombinatorik sind die 46 Radierungen, zu denen Eberhard Schlotter sich in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre vom Lebensstoff des Christoph Kolumbus anregen ließ. Linienätzung und Aquatinta, dazu noch raffiniertere druckgraphische Verfahren rufen, meist als geisterhaft helle Erscheinungen auf samtig-dunklem Grund, Szenen vor unser Auge, die meist schon Kommentar ihrer selbst sind. Etwa das große Blatt, welches wir in der Vitrine haben, betitelt „Land in Sicht“: eine spanische Karavelle segelt auf eine gebir-gige Insel zu, deren Gipfel überflockt sind von Wolken. Doch nein – Geologie entpuppt sich auf den zweiten Blick als Anatomie, als Auf und Ab nämlich eines nackt hingestreckten kolossalen Frauenleibs, halb über, halb unterm Horizont. Wandert das irritierte Auge jetzt zurück zum Schifflein auf ruhigem Meer, muß es sich gefasst machen auf einen zweiten Schock: im Schatten der Karavelle lauert ein überdimensionaler Phallus. Insgesamt ein Metapher für die Aggressivität, mit der die Spanier nach 1492 Völker unterjochten und Kulturen auslöschten. Nicht so sehr Entdecker wie vielmehr Eroberer ist Kolumbus in Schlotters Einschätzung, getrieben, trotz aller gegenteiligen Bekundungen, von der fiebrigen, todverbreitenden Suche nach einer Mischung von „God, gold and glory“, genauso wie jene Cortez und Pizarro, die nach ihm kamen. In der Tat ist das Bild, das Eberhard Schlotter da von einem Nationalhelden entwirft, so unschmeichelhaft, dass in der zum Jubiläumsjahr 1992 offiziell in Auftrag gegebenen spanischen Ausgabe der Kolumbus-Mappe eine ganze Reihe Radierungen erst gar nicht mitveröffentlicht wurde. Es versteht sich, dass Galerist Böhler Ihnen, meine Damen und Herren, drüben die Mappe unzensiert zeigen kann.

Übrigens hat Eberhard Schlotter sich seine Meinung über Kolumbus gebildet aufgrund eingehender Quellenforschung, wozu auch die Lektüre der Kolumbus-Biographie eines gewissen – Salvador de Madariaga gehört. Immer mehr überkommt mich das beunruhigende Gefühl, dass dessen Werk im Begriffe ist, sich als Subtext in meine heutige Rede einzuschleichen. Also gut, lasse ich mich darauf ein, nehme ich den Spanier beim Wort und erinnere daran, dass unter den vier von ihm aufgeführten klassischen Gestalten der europäischen Literatur eine bisher von Schlotter noch nicht behandelt wurde: Shakespeares Hamlet. Andererseits sollten wir auch einem Künstler, der in diesem Sommer 90 wird, ein paar Zukunftsprojekte gönnen. Nicht, dass Eberhard Schlotter die zurückliegenden Jahre müßig verbracht hätte. Allein die Aquarelle, Niederschlag einer Reisetätigkeit, die ihn im letzten Jahrzehnt des alten Jahrtausends regelmäßig nach Peru, im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends wiederholt auf Kuba und in die Karibik führte, allein die Aquarelle sind dazu angetan, eine weder quantitativ noch qualitativ nachlassende Produktivität zu bezeugen. Heute ausgespart, weil diese Ausstellung sich ganz auf Arbeiten auf Papier konzentriert, aber dennoch unbedingt erwähnenswert ist die Ölmalerei, wo Schlotter nochmals auf bestimmte Themenkreise seines Frühwerks zurückgreift – menschenleere, kulissenhaft wirkende Dörfer und Straßen, Mauern und Türen –, deren Motivrepertoire er jedoch formal reduziert und verdichtet hat in Richtung Zeichen, Zeichen einer Gratwanderung zwischen der Gerade-noch-Existenz und der Schon-nicht-mehr-Existenz. Von dem Entschluss seines Malerkollegen Georg Baselitz, alte Bilder ein zweites mal zu produzieren, diesmal aber in heitererem Kolorit, ist das Lichtjahre entfernt, genauer gesagt vielleicht: Licht- und Schattenjahre. Da wir ohne Angst, dem Urheber auf die Füße zu treten, hier von Alterswerk sprechen können, scheint mir eher der Bogen hinüber zum erstaunlichen Alterswerk der Picasso, Monet, Rembrandt, Tizian angebracht, nicht zu vergessen den Spanier Goya. Wir dürfen, meine Damen und Herren, von Eberhard Schlotter noch einiges erwarten. Lassen Sie mich schließen mit einem Satz aus der Dissertation von Kai Müller Jensen zum Thema: „Der Körper altert“, heißt es da, „das schöpferische Prinzip jedoch nicht.“
© Dr.Roland Held, Darmstadt 2011


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